Lungenkrebs ist die häufigste krebsbedingte Todesursache. In der Schweiz sterben jährlich rund 3’300 Menschen daran. Der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für Lungenkrebs ist Rauchen, rund 80 bis 90% der Lungenkrebsdiagnosen sind darauf zurückzuführen. Angesichts der hohen Krankheitslast wird national und international diskutiert, ob ein Lungenkrebsscreening mittels niedrigdosierter Computertomographie (low dose CT, LDCT) für Risikopersonen angeboten werden sollte. Als Risikopersonen gelten aktuelle und ehemalige Raucher:innen ab etwa 55 Jahren.

Beurteilung der Evidenz
Das Expertengremium Früherkennung hat die Evidenz zu ethischen Fragen des Lungenkrebsscreenings, zur klinischen Wirksamkeit sowie zur Kosteneffektivität und den Kostenfolgen beurteilt. Anhand der Methode „GRADE Evidence to Decision (EtD) framework“ hat es seine Empfehlung für ein Lungenkrebsscreening mittels niedrigdosierter Computertomographie für die Schweiz formuliert.

Empfehlung des Expertengremiums Krebsfrüherkennung
Das Expertengremium Krebsfrüherkennung schlägt vor, ein Lungenkrebsscreening mittels niedrigdosierter Computertomographie für Risikopersonen anzubieten.
(GRADE bedingte Empfehlung)

Lungenkrebstodesfälle reduzieren
Das Komitee spricht eine bedingte Empfehlung für das LDCT-Lungenkrebsscreening aus, weil dieses wahrscheinlich zu einer absoluten Reduktion um 43 Lungenkrebstodesfälle pro 10’000 Personen über einen Zeitraum von 10 Jahren führt (moderate Evidenz). Die Zahl der Todesfälle insgesamt kann um 36 pro 10’000 Personen verringert werden (schwache Evidenz). Darüber hinaus kann das LDCT-Lungenkrebsscreening zu einer Zunahme der Diagnosen von Lungenkrebs im Stadium I oder II (schwache Evidenz) und zu einer geringen Abnahme der Diagnosen von Lungenkrebs im Stadium III oder IV führen (schwache Evidenz).

Die Empfehlung orientiert sich an der individuelle Perspektive von Risikopersonen. Das Expertengremium geht davon aus, dass eine Mehrheit von informierten Personen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko ein Screening in Betracht ziehen würde.

Erwägungen zur Implementierung
Das Expertengremium empfiehlt ausdrücklich, das LDCT-Lungenkrebsscreening im Rahmen organisierter Programme anzubieten. Nur ein organisiertes Programm kann ein zugängliches und gerechtes Angebot gewährleisten und dessen Qualität sicherstellen. Zudem wäre in einem Programm die Befreiung des Screenings von der Franchise möglich, eine wichtige Voraussetzung, um einen gerechten Zugang zu garantieren.

Es ist sehr wichtig, dass mit dem Screening die Risikopopulation erreicht wird. Dafür sind spezielle Rekrutierungsstrategien und Implementierungsansätze erforderlich.

Risikopersonen müssen bei der Entscheidungsfindung von entsprechend geschultem Gesundheitspersonal unterstützt werden (gemeinsame Entscheidungsfindung), damit jede:r eine Entscheidung treffen kann, die ihren/seinen Werten, Präferenzen und der individuellen Situation entspricht.

Die Teilnahme am Screening soll eine freie Entscheidung sein und eine Nichtteilnahme darf keine negativen Folgen in Form von Stigmatisierung oder Ausschluss von Gesundheitsleistungen haben.

Unterstützung bei der Raucherentwöhnung nach dem neuesten Wissensstand sollte Risikopersonen immer angeboten werden, unabhängig davon, ob sie sich für oder gegen ein Screening entscheiden.


Weitere Informationen

Medienmitteilung des Expertengremium Krebsfrüherkennung vom 15. November 2022

Kurzfassung der Empfehlungen

Appraisal report Recommendation on low-dose CT screening for lung cancer Nov2022

Health Technology Assessment Low-dose CT screening for lung cancer (HTA report)

Stakeholder Konsultation zum “HTA report”

Scoping Report Low-dose CT screening for lung cancer October 2020

Stakeholder Consultation Scoping Report 20200511